Industriekultur bereichert Radelvergnügen.
Angebot mit historischem Bezug macht Anradeln des PSV Forst im Jubiläumsjahr der Stadt zu besonderem Erlebnis.
FORST Betont sportlich oder aktive Kultur-Tour? Das war in diesem Jahr die Entscheidung, die Teilnehmer beim Anradeln des PSV Forst zu treffen hatten. Im Jubiläumsjahr der Stadt warteten zwei Industriekultur-Stationen an der Strecke.
Anradeln geht auch anders. Das hat der PSV Forst unter tatkräftiger Mithilfe von Vereinen, Feuerwehr, Museum, Unternehmen und zahlreichen Helfern im Jubiläumsjahr der Stadt bewiesen. Der traditionelle Start in die Radelsaison war zugleich die Auftaktveranstaltung für den Themenmonat Mai, und der steht unter dem Motto „Industriekultur und Sport“.
Zwei Touren möglich
Beides wurde zum Anradeln am gestrigen Sonntagnachmittag miteinander geschickt verknüpft. Und so hatten die knapp 90 Radelfreunde aus Forst und Umgebung vor dem Start die Qual der Wahl: Sollten sie die betont sportliche Tour über 25 Kilometer wählen oder doch lieber die kleine Runde über neun Kilometer und dafür das industriekulturelle Zusatzangebot in den Vordergrund stellen? Die Meinungen waren geteilt und so teilte sich dann auch das Fahrerfeld, wobei die sportlichen Typen leicht die Oberhand behielten. Lutz Nerlich, über die Stadtgrenzen hinaus bekannter Rad-Sammler und Zweiradexperte, bekannte vor dem Start im Rad- und Reitstadion, er werde in diesem Jahr die Kultur mit den Ausstellungen in den Vordergrund rücken.
Ob große oder kleine Runde beim Anradeln, hänge bei ihm jeweils von der verfügbaren Zeit ab. Hans-Joachim Rothe war mit Freunden zum Anradeln gekommen. Der Senior bekannte: „Ich mache schon seit vielen Jahren mit. Eigentlich sind für mich die Ausstellungen nebensächlich. Aktiv sein auf dem Rad steht für mich im Vordergrund.“ Als PSV-Vereinschef Gerd Suschowk mit einem Schuss aus der Starterpistole die Radsportfreunde auf den Weg schickte, hatte sich Hans-Joachim Rothe in jener Gruppe eingereiht, die zwei Radsportkönner anführten. Die ehemaligen deutschen Steher-Meister Marcel Möbus vom PSV und Florian Fernow (Berliner Eichhörnchen), der mit Lebensgefährtin und Nachwuchs in diesem Jahr dabei war. „Ich komme gern nach Forst, schließlich bin ich 2004 mein erstes Steherrennen gefahren“, sagte er am Rande des lockeren Radel-Ereignisses und nutzte die Gelegenheit, vor und während der Tour mit Marcel Möbus zu plaudern.
Fadenbruch im Turm
Während die Radelgruppen noch unterwegs waren, nutzten zahlreiche Besucher die Gelegenheit, Industriekultur und künstlerische Arbeiten zu betrachten. Ein Ort, an dem das am Sonntag möglich war, ist der Forster Wasserturm. Über 138 Stahlstufen führt der Weg hinauf bis zum Wasserbehälter, in dem 1000 Kubikmeter Trinkwasser lagern. Nicht jeder Besucher hat sich die Treppen angetan. Musste er auch nicht, um bebilderte Industriegeschichte zu erleben. Die gab es im Sockelbereich des historischen Baus unter dem Titel „Fadenbruch – Bilder zur Erinnerung aus den VEB Forster Tuchfabriken“. Die ist zwar nicht neu, aber allemal sehenswert. So mancher Betrachter der Fotos erkannte sich oder Bekannte auf den Bildern wieder. Diana Loichen, Öffentlichkeitsarbeiterin von den Stadtwerken, freute das ebenso wie das Interesse, das die Ausstellung fand, die vor 15 Jahren bereits im Textilmuseum gezeigt wurde. „Die Führungen wurden gern angenommen. Am Vormittag kamen etwa 50 Besucher, der Ansturm am Nachmittag mit den Radlern“, meinte sie. Nicht nur für die Ausstellung, auch für die Historie des Turms und seiner Bedeutung interessierten sich die Gäste, die gern hinter die dicken Mauern des 1903 errichteten Klinkerbaus schauten.
Lebendige Geschichte
Gut zwei Kilometer weiter, im Feuerwehrgerätehaus in der Hochstraße, erwarteten rhythmische Klänge, faszinierende Fotos und Zeichnungen sowie ein technisches Forster Original die Besucher. Die Forster Malfreunde lieferten mit Fotos überraschende Einblicke in Industriegeschichte und Gegenwart, der Fotograf Helmut P. Fleischhauer bot ungewöhnliche Perspektiven und sportliche Momente. Von Radlern jeden Alters wurde ein Forster Original im Sturm erobert. Die „Schwarze Jule“, die letzte noch erhaltene Lok der historischen Stadteisenbahn wurde zum beliebten Fotomotiv. „Wir freuen uns, dass die Ausstellungen so viel Interesse finden“, freute sich Diana Loichen, die als Teamleiter für den Themenmonat Mai auch diese Ausstellungen federführend mitorganisierte.Für die Radler waren die Industriekultur-Angebote eine sehr willkommene Ergänzung des freudvollen In-die-Pedalen-Tretens, bekannten viele Teilnehmer nach der Rückkehr ins Rad- und Reitstadion. Dort hatte der Veranstalter den Grill anfeuern lassen. Das Team um Simone Flicke sorgte mit Bratwurst, Hefeplinse, Soljanka und Kuchen für einen würdigen Ausklang.
Aus: Lausitzer Rundschau, 27.04.2015